Trotz der Coronakrise konnte die Stadtentwässerung Dresden das vergangene Jahr gut beenden. „Wir haben wie geplant rund 31 Millionen Euro investiert“, sagt Geschäftsführer Ralf Strothteicher. So konnte im Frühjahr die Sanierung des Neustädter Abfangkanals auf der Kötzschenbroder Straße abgeschlossen und der zwei Meter hohe Abwassertunnel an der Flügelwegbrücke saniert werden. Dieses Jahr will die Stadtentwässerung wieder rund 31 Millionen Euro investieren. „Mit rund 20 Millionen Euro wird der Großteil davon wieder in die Kanalnetz-Sanierung fließen“, sagt er.
Sanierung des Neustädter Abfangkanals
„Unsere größte Maßnahme ist die Sanierung des Neustädter Abfangkanals zwischen der Böcklinstraße/Scharfenberger Straße und der Kläranlage in Kaditz“, erklärt Strothteicher. Schon 111 Jahre fließt die braune Brühe durch die rechtselbische Abwasser-Hauptschlagader von der Prießnitzstraße bis zum Klärwerk Kaditz. Immerhin handelt es sich dabei um ein Drittel der Dresdner Abwässer. Über drei Viertel des 6,6 Kilometer langen Neustädter Abfangkanals sind saniert. Jetzt kommt das letzte, 1,5 Kilometer lange Stück bis zum Klärwerk an die Reihe.
Damit dies möglich ist, haben Leitungsbauer im vergangenen Jahr eine insgesamt 2,6 Kilometer lange Super-Pipeline gebaut. Zuerst führen 1,4 Meter hohe Rohre durch die Flutrinne bis zu den Kaditzer Faultürmen, wo ein Pumpwerk errichtet wurde. Die Pumpen drücken das Abwasser dann über eine 1,2 Kilometer lange Leitung bis zum Einlauf des Klärwerks. Im November wurde die Abwasser-Umleitung in Betrieb genommen. So konnte die Kanalsanierung im Dezember beginnen.
Durch die Ersatztrasse werden kaum größere Verkehrseinschränkungen nötig. Es mussten nur drei Baugruben ausgehoben werden, erklärt Strothteicher. Bei der Sanierung werden per Kran glasfaserverstärkte Kunststoffrohre eingehoben, die meistens drei Meter lang sind. Motorgetriebene Wagen bugsieren sie unterirdisch aus den Baugruben in den alten, bis zu 2,7 Meter hohen Kanal, wo sie letztlich zusammengefügt werden.
So entsteht bis Ende dieses Jahres ein neuer dichter Kanal in der alten Abwasserröhre. Ein erster, rund 350 Meter langer Abschnitt von der Böcklinstraße bis zum Katastrophenschutzzentrum ist schon saniert. Insgesamt investiert die Stadtentwässerung für das Großprojekt rund 16 Millionen Euro.
Das Ärgernis: Anlagen beseitigen Schlammgestank
Für rund 400 Millionen Euro wurde das Klärwerk seit der Wiedervereinigung ausgebaut. Den entscheidenden Fortschritt gab es 2012 mit den eiförmigen Faultürmen. Dadurch musste der Klärschlamm nicht mehr mit Erdgas erhitzt und getrocknet werden. Doch 2016 kam der Rückschlag. Wie früher zogen wieder Wolken von Schlammdunst über Kaditz, meldeten verärgerte Anwohner. Seitdem hat die Stadtentwässerung viel unternommen, um das Problem zu lösen.
Für die endgültige Lösung hatten zwei Ingenieurbüros mehrere Varianten untersucht. Letztlich entschied sich die Stadtentwässerung für eine Abfluftbehandlungsanlage, die folgendermaßen funktioniert. An der Schlammverladung werden die oberen Bereiche der Silos an Rohre angeschlossen. Darunter, wo der Schlamm auf die Lkw verladen wird, kommt eine große Dunstabzugshaube. So kann die Luft abgesaugt werden. In einer Anlage neben der Schlammverladung, die etwa so groß wie eine Garage ist, werden die Gerüche entfernt. Bis zu 12.500 Kubikmeter Abluft können dadurch stündlich gereinigt werden.
Die Stadtentwässerung errichtet zudem eine zweite, baugleiche Anlage in der Nähe. Denn zur Behandlung der Abluft bei der Schlammbehandlung gibt es eine alte Filteranlage, die aber nur 6.000 Kubikmeter Abluft pro Stunde reinigen kann. Sie entfernt Gerüche aus der Abluft von fünf etwa 20 Meter großen Becken direkt neben der Autobahn. In drei Becken setzt sich der Klärschlamm ab, der später in die Faultürme kommt. In den beiden anderen Behältern wird der ausgereifte Schlamm gesammelt, bevor er am Ende noch in großen Zentrifugen ausgeschleudert wird.
Eine Prüfung habe ergeben, dass dort die doppelte Kapazität nötig sei. Deshalb wird dort eine zweite große Abluftbehandlungsanlage gebaut. „Noch in diesem Monat beginnt der Bau von Fundamenten und Rohrleitungen“, erklärt Strothteicher. Die Anlage an der Schlammverladestation soll im April, die an den Schlammspeichern im Juni in Betrieb gehen. Rund 2,7 Millionen Euro werden dafür investiert. „Damit sind die Probleme gelöst“, sagt der Geschäftsführer.
Der Bosch-Anschluss: Pumpwerk geht in Betrieb
Etwa 7,8 Millionen Euro gibt die Stadtentwässerung aus, damit das Rähnitzer Gewerbegebiet Airportpark mit dem neuen Boschwerk besser angeschlossen und die Abwasser-Entsorgung des benachbarten Wilschdorfer Gewerbegebiets mit Globalfoundries auch künftig gut gesichert werden kann. Zum Auftakt hatte die Stadtentwässerung eine 330 Meter lange Abwasserleitung im Gewerbegebiet Rähnitz verlegen lassen, um das Boschwerk anzuschließen.
Parallel dazu hatte auch der Bau eines neuen, leistungsfähigen Abwasserpumpwerkes direkt neben dem alten an der Radeburger Straße begonnen. Mit rund 1,7 Million Kubikmeter fällt dort künftig jährlich die dreifache Abwassermenge als bisher an. Das Pumpwerk ist jetzt fertiggestellt, erklärt Strothteicher. In einer ersten Ausbaustufe könne es mit seinen vier Pumpen bis zu 2,9 Millionen Kubikmeter Abwasser in Richtung Klärwerk pumpen. „Den Testbetrieb konnten wir am 28. Dezember erfolgreich beenden“, sagt er. In der kommenden Woche soll das Pumpwerk offiziell in Betrieb genommen werden.
Ein weiteres Bauprojekt beginnt im Frühjahr an der Ecke Radeburger Straße/Wilschdorfer Landstraße. Dort kommen jeweils zwei Abwasserleitungen vom Rähnitzer und dem Wilschdorfer Gewerbegebiet an. Für 1,2 Millionen Euro wird dort ein großer Schieberschacht in der Tiefe errichtet. Mit den Absperrschiebern kann gewährleistet werden, dass bei Wartungs- oder Instandsetzungsarbeiten die betroffene Leitung abgesperrt und das Abwasser über die zweite Leitung abgeführt werden kann. „Bis zum Herbst sollen diese Arbeiten abgeschlossen werden“, sagt Strothteicher.