Dresden. Die Dresdner Mikrochip-Industrie wächst rasant. Allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt mit ihren knapp 8,7 Millionen Kubikmetern 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer ein. Zum Vergleich: Die Abwassermenge aus der Chipindustrie entspricht jenem von 250.000 Einwohnern.
Seit diesem Jahr baut Infineon mit seinen bisher rund 3.200 Beschäftigten noch seinen Dresdner Standort an der Königsbrücker Straße kräftig aus. An der Südostecke entsteht bis 2026 ein Neubau für rund 1.000 zusätzliche Jobs. Jetzt will auch der taiwanesische Chiphersteller TSMC noch ein Werk im Rähnitzer Gewerbegebiet bauen, in dem 2.000 Jobs entstehen.
Rund 70 Millionen Euro investiert die Stadtentwässerung für Dresdens dritten großen Hauptkanal, den Industriesammler Nord, dessen Bau im Juli begonnen hatte. Der führt ab Ende 2026 vom Klärwerk bis zum Gewerbegebiet Rähnitz und weiter bis zum Infineon Werk. In Klotzsche wird bereits jetzt ein Großprojekt umgesetzt, damit Klotzsche einen viel besseren Abwasseranschluss erhält.
Fast fertiggestellt ist ein knapp 600 Meter langer, bogenförmiger Stauraumkanal – eine Art unterirdischer Staudamm. Die ersten Arbeiten hatten Anfang dieses Jahres begonnen. In dem zwei Meter hohen Kanal, der hinter der Königsbrücker Landstraße beginnt und direkt neben der Eisenbahnstrecke verläuft, können beispielsweise bei Starkregen bis zu 1.800 Kubikmeter Abwasser zurückgehalten werden. So wird in solchen Fällen das Kanalnetz nicht überlastet, erklärt Projektleiter Rainer Aurin von der Stadtentwässerung. Am unteren Ende ist kurz vor der Bahnunterführung an der Langebrücker Straße in einem Steuerbauwerk ein großer Absperrschieber installiert worden. Der kann ganz oder teilweise geschlossen werden, wird automatisch gesteuert und in der Kaditzer Leitwarte überwacht.
Seit Anfang März sind für den Stauraumkanal 200, jeweils drei Meter lange und zehn Tonnen schwere Stahlbetonrohre mit dem Kettenbagger eingehoben worden. Der Kanal ist fertig. „Derzeit wird noch der Anschluss an das bestehende Kanalnetz vorbereitet“, erklärt der Projektleiter. „Spätestens im Oktober wird Abwasser durch den neuen Stauraumkanal fließen.“ Da in ihm bei Starkregen Abwasser eine Weile zurückgehalten werden kann, profitiert auch das in Richtung Zentrum führende Kanalnetz. So mündet nach gut zwei Kilometern der Infineon-Anschluss ins Kanalnetz ein.
Zum Auftakt wurde neben dem alten Kanal eine 80 Zentimeter hohe Abwasser-Ersatzleitung gebaut. Die kann abgebaut werden, wenn der neue Stauraumkanal in Betrieb geht. Der alte Kanal wurde in diesem Bereich teilweise verfüllt, teilweise beseitigt, erläutert der Projektleiter. Fließt das Abwasser durch den neuen Kanal, wird bis Jahresende dort noch ein Betriebsweg für Wartungsarbeiten gebaut.
Der Stauraumkanal ist ein Teil eines Großprojekts, das am Abzweig zur Klotzscher Flugzeugwerft beginnt. Durch den alten Kanal unter der Grenzstraße fließt bisher das Abwasser vom Flughafen und der Flugzeugwerft zur Königsbrücker Landstraße. Das ist nicht wenig. Allein beim Enteisen der Flugzeuge im Winter fallen täglich Hunderte Kubikmeter an.
Zusätzlich sind dort Betriebe und Einrichtungen der Mikroelektronik angeschlossen, darunter das Werk X-FAB und das Fraunhofer-Institut. Die Kanäle müssen erneuert werden, da sie zu klein sind.
In der Grenzstraße haben die Arbeiten zum Jahresauftakt begonnen. Auf 400 Metern werden seitdem die alten Rohre ausgebaut und durch größere ersetzt. „Wir haben bereits rund 80 Prozent der Arbeiten geschafft“, sagt Projektleiter Aurin. Im Anschluss wird ab Jahresende auf 200 Metern der 90 Zentimeter hohe Kanal saniert. Das geschieht, indem ein harzgetränkter Kunststoffschlauch eingerollt und die Wände somit neu abgedichtet werden.
Daran schließt sich auf der anderen Seite der Königsbrücker Landstraße der Stauraumkanal bis zur Langebrücker Straße an. Der untere Anschluss dieses Kanalbogens mündet wie bisher wieder in den Sammler auf der Königsbrücker Landstraße ein. Dafür investiert die Stadtentwässerung rund 2,3 Millionen Euro. Für das gesamte Großprojekt bis zur Grenzstraße sind 4,6 Millionen Euro geplant.
Aufmacherbild: Projektleiter Rainer Aurin ist froh, dass der Klotzscher Stauraumkanal pünktlich fertig wird. Hier schaut er sich in der 600 Meter langen Röhre noch einmal einige Fugen an.