Schon 110 Jahre fließt die braune Brühe durch die rechtselbische Abwasser-Hauptschlagader von der Prießnitzstraße bis zum Klärwerk Kaditz. Über drei Viertel des 6,6 Kilometer langen Neustädter Abfangkanals sind saniert. Dafür hat die Stadtentwässerung 18 Millionen Euro investiert. Zuletzt war der Abschnitt auf der Kötzschenbroder Straße ab dem Ballhaus Watzke instandgesetzt worden. Das rund einen Kilometer lange Stück konnte im April dieses Jahres freigegeben werden. Im Juni hatten die Vorbereitungen zur Sanierung des letzten Abschnitts begonnen. Dabei handelt es sich um das 1,5 Kilometer lange Stück vom Beginn der Scharfenberger Straße an der Flutrinne bis zum Klärwerk Kaditz. Damit dies ohne große Verkehrseinschränkungen möglich wird, muss zuerst die Ersatzleitung gebaut werden.
Durch sie fließt das Abwasser während der Sanierung der alten, bis zu 2,5 Meter hohen Röhre. Eigentlich sollte die Leitung an der Feuerwehr-Zentrale in Übigau vorbeiführen. Dort wäre aber eine Durchfahrtshöhe von mindestens vier Metern unter dem Rohr nötig gewesen. Da dies nicht möglich ist, wird über einen großen Umweg eine 2,6 Kilometer lange Ersatzleitung durch die Flutrinne und durchs Gelände der Kaditzer Faultürme zum Klärwerk gebaut. Damit ist sie einen guten Kilometer länger als der Sanierungsabschnitt.
Im Klärwerksgelände liegt die Leitung bereits, erläutert Projektleiter Heiko Nytsch von der Stadtentwässerung. Verlegt sind bis zu zehn Meter lange Rohrabschnitte, die verschweißt wurden. In der Flutrinne wird die Leitung zwischen dem Beginn der Scharfenberger Straße und dem Klärwerk 1,5 Kilometer lang. „Etwa 90 Prozent davon sind verlegt“, sagt Nytsch. Rund zwei Drittel davon sind verschweißt. Auf einer kürzeren Strecke verläuft noch eine blaue Leitung zum Klärwerk, durch die Abwässer der Anlieger der Scharfenberger Straße ab dem Parkplatzgelände an der Washingtonstraße zum Klärwerk entsorgt werden. In diesem Monat soll die Rohrtrasse fertig werden.
Da mit einem besonderen Verfahren gearbeitet wird und die Ersatzleitung über eine andere Trasse führt, werden kaum größere Verkehrseinschränkungen nötig. Es müssen nur drei Baugruben ausgehoben werden, erklärt Nytsch. Die erste von ihnen ist bereits an der Ecke Scharfenberger/Kaditzer Straße fertig. Die tiefe Grube ist mit einem sogenannten Berliner Verbau aus Stahlträgern und Holzelementen gesichert.
Anfang dieses Monats hatten die Arbeiten an der zweiten Baugrube an der Ecke Scharfenberger/Washingtonstraße begonnen. Zuerst wurde auf dem Parkplatz Streifen asphaltiert, über die Baufahrzeuge wie Bagger und die Ramme fahren können. So ist das Pflaster geschützt. Hergestellt wird dort ebenfalls eine tiefe Baugrube, deren Wände mit einem Verbau aus Stahlträgern und Holzbohlen gesichert werden.
Bei der Sanierung werden per Kran glasfaserverstärkte Kunststoffrohre eingehoben, die meistens drei Meter lang sind. Motorgetriebene Wagen werden sie unterirdisch aus den Baugruben in den alten Kanal bugsieren, wo sie letztlich zusammengefügt werden. So entsteht bis Anfang 2022 ein neuer dichter Kanal in der alten Abwasserröhre. Insgesamt investiert die Stadtentwässerung für das Großprojekt rund 15 Millionen Euro.
Würde der alte Kanal komplett auf herkömmliche Weise erneuert, müsste die gesamte Straße aufgerissen werden, um neue Betonröhren einzusetzen. Mit dem besonderen Verfahren war bereits der Neustädter Abfangkanal auf der Kötzschenbroder Straße saniert worden. Allerdings verlief dort die Abwasserleitung auf dem Geh- und Radweg direkt daneben, weshalb mehr Sperrungen nötig waren.