Industriesammler-Nord (ISN) Dresden

Ein Projektteam von 3 Männern.

Das sind Ihre beiden Ansprechpartner bei der Stadtentwässerung Dresden (SEDD) für den Kanalbau (v.l.):

Update vom 5. März 2025 aus Sächsische Zeitung, Peter Hilbert

Wie es beim Bau des Anschlusskanals für die Chipwerke jetzt weitergeht.

In rasantem Tempo wachsen die neuen Chipfabriken von Infineon und des taiwanesischen Konzerns TSMC. Deshalb ist auch von der Stadtentwässerung Dresden Tempo gefragt, um mit dem Industriesammler Nord einen leistungsfähigen Abwasseranschluss für stark wachsende Branche im Dresdner Norden herzustellen.

Der Durchstich: Bohrer hat’s am Sonntag geschafft

Genau deshalb steht Frank Schön-städt mit seinen zehn Spezialisten am vergangenen Sonntag in der 13 Meter tiefen Baugrube am Trachauer Sternweg. Denn der Wilsdruffer Niederlassungschef des Spezial-Tiefbaufirma Braumann muss mit seinem Team schnell bauen. Fast eine Stunde dauert es, bis der Bohrkopf gegen Viertel zwölf langsam durch die Erde kommt – der Durchstich ist geschafft.

Auf 400 Metern hat die Tunnelbohrmaschine in bis zu zehn Metern Tiefe die Bohrung durch den sandigen Untergrund getrieben, durch die parallel dazu die zwei Meter hohe Stahlbetonröhre hindurchgepresst wurde. Start war in der Baugrube neben der A4 gleich hinter der Stadtgrenze an der Radebeuler Forststraße. „Vor drei Wochen haben wir begonnen“, sagt Schönstädt. Täglich sind die Leitungsbauer beim Rohrvortrieb 15 bis 20 Meter vorwärtsgekommen – auch unter der Meißner Straße hindurch. „In dem sandigen Boden hatten wir zum Glück keine Hindernisse“, sagt der Bauchef.

Das Großprojekt: Röhre wird zehn Kilometer lang

Mit den neuen Chipwerken wäre das vorhandene Kanalnetz überlastet. Deshalb baut die Stadtentwässerung für rund 71 Millionen Euro bis zum Sommer 2026 den rund zehn Kilometer langen Hauptkanal vor allem für die Abwässer der Mikroelektronik-Betriebe. Der Nordkanal führt vom Klärwerk an der Elbe aus parallel zur Autobahn und durch den Heller bis zur Königsbrücker Straße. Unterwegs fließt dabei das Abwasser von den Gewerbegebieten in Rähnitz in den Kanal.

Etwa zehn Millionen Kubikmeter Industrieabwasser fließen aktuell zur Kläranlage. Allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer ein. In den kommenden Jahren wird sich die Menge der Industrieabwassermenge verdoppeln. Das vorhandene Kanalnetz wäre damit überlastet. Der neue Kanal wird jeweils zur Hälfte in offener und geschlossener Bauweise hergestellt, erklärt Projektleiter Heiko Nytsch von der Stadtentwässerung. Offen heißt, dass Gräben ausgebaggert und Rohre verlegt werden. Beim geschlossenen Verfahren werden Stahlbetonröhren durch die Erde gepresst. In die werden dann noch 1,2 Meter hohe Kunststoffleitungen gezogen, durch die das Abwasser fließt.

Der Auftakt: Erste Baugrube in Kaditz

Am weitesten sind die Arbeiten im ersten, rund 1,5 Kilometer langen Abschnitt vom Klärwerk zum Kaditzer Riegelplatz. „Alle Leitungen sind verlegt. Die Baugrube an der Grimmstraße ist fast komplett verfüllt“, erklärt Schönstädt. Dort hatte der Bau im November 2023 begonnen.

Bereits fünf Wochen später musste beim Weihnachtshochwasser die nahe der Kaditzer Flutrinne liegende Grube mit insgesamt 55 Tonnen schweren Stahlbetonrohren und Säcken belastet und bis zu zwei Meter hoch geflutet werden. So konnte der Grubenboden vor Auftrieb geschützt werden. Das Wasser sank wieder, um kurz nach Neujahr zu steigen. Wieder wurde die Grube geflutet.

„Das hat uns in der geplanten Bauzeit zwar etwas zurückgeworfen“, sagt Spezialtiefbauer Schönstädt. „Doch das haben wir wieder rausgeholt.“

Abschnitt 2: Kunststoffrohre werden eingezogen

An der rund 1,6 Kilometer langen Trasse im anschließenden zweiten Abschnitt entlang der Autobahn zwischen Kaditzer Riegelplatz und Sternweg steht nach dem Durchstich am Sonntag der nächste Schritt an. „Wir beräumen jetzt die Baustelle an der Radebeuler Forststraße“, erklärt Spezialtiefbauer Schönstädt.

Von der Baugrube am Riegelplatz wird in den nächsten vier Wochen mit einer Einzugsanlage die Kunststoffleitung in jeweils sechs Meter langen Abschnitten aus der Radebeuler Baugrube an der Forststraße in das Stahlbetonrohr gezogen. Ist das geschafft, zieht die Anlage vom Sternweg aus die 400 Meter lange Kunststoffröhre aus Richtung Radebeul.

Abschnitt 3: Kanalbau auf Neuländer Straße bis November

Die unterirdische Trasse führt am Sternweg unter der A 4 hindurch bis zum Beginn der 1,1 Kilometer langen Neuländer Straße, die die Stadt sanieren will. Vorher verlegt die Stadtentwässerung im dritten Abschnitt den Kanal in offener Bauweise.

Der Kanalbau auf der Neuländer Straße verläuft laut Plan. Die Kanäle auf den ersten 250 Metern zwischen Sternweg und Maria-Kirch-Straße sind verlegt, erklärt Nytsch. Die Fahrbahnoberfläche ist wiederhergestellt und asphaltiert – vorerst provisorisch. Schließlich will die Stadt die Neuländer Straße ab 2027 komplett ausbauen. Seit Januar wird am nächsten, 500 Meter langen Stück zwischen Maria-Kirch- und Galileistraße gebaut. Geplant ist, dass der Kanalbau auf der Neuländer Straße im November fertig wird, steckt Nytsch das Ziel ab.

Abschnitt 4: Rohrgraben wird derzeit ausgebaggert

Hinter dem Wilden Mann geht es im vierten, 1,5 Kilometer langen Abschnitt in Richtung des Autobahnzubringers auf der Radeburger Straße weiter. Der Rohrvortrieb auf einer Länge von 1000 Meter ist abgeschlossen. Im Anschluss daran haben die Bauleute damit begonnen, den bis zu 4,5 Meter tiefen Rohrgraben auf einer Länge von 500 Metern ausheben und den Kanal darin in dieser offenen Bauweise verlegen. Das soll im Herbst geschafft sein.

Abschnitt 5: Pressen bekommen Arbeit in Hellerau

Das letzte, rund 2,4 Kilometer lange Stück führt von der Radeburger Straße durch den Heller bis zur Königsbrücker Straße, wo Infineon einen Anschluss an den neuen Nordkanal bekommt. Nach dem jetzigen Durchstich werden die Braumann-Spezialtiefbauer ihre Rohrvortriebsmaschine dorthin umsetzen. „Das wird der längste Abschnitt im unterirdischen Rohrvortrieb, den wir machen“, erklärt Niederlassungsleiter Schön-städt.

Die Doppelstartgrube unweit der Hellerauer Werkstätten am Moritzburger Weg ist fertiggestellt. Im April wird die Maschine eingehoben. „Danach beginnt der Rohrvortrieb“, sagt Schönstädt. Zuerst wird auf dem 1,2 Kilometer langen Abschnitt in Richtung Radeburger Straße gebohrt und gepresst. Ist dieses Ziel im Sommer 2025 erreicht, geht’s bis zum Jahresende in die Gegenrichtung zu Infineon. Projektleiter Nytsch ist zuversichtlich, dass der neue Abwasseranschluss für die Chipindustrie im Sommer 2026 fertig wird. „Für diesen Kraftakt ist aber weiter ein hohes Bautempo nötig“, sagt er.