Den Notfall geprobt
Die Stadtentwässerung hat viele Katastrophen überstanden. Jetzt hat sie einen entscheidenden Schritt getan, um noch besser gewappnet zu sein.
Ein europaweiter Sturm tobt über Europa bis hinein ins Dresdner Elbtal. Hinzukommen Hackerangriffe aufs Stromnetz, das großflächig ausfällt. Dunkle Wolken künden vom nahenden Starkregen, der Elbe und andere Flüsse anschwellen lassen wird. Die Konsequenzen sind erheblich. „Dieses Szenario haben wir kürzlich geübt“, erklärt Guido Kerklies. Der Technische Leiter der Stadtentwässerung ist auch einer der Manager, die im Ernstfall an der Spitze des Krisentabes stehen. Den hat das Unternehmen im Oktober gebildet und nicht lange gewartet, um zu trainieren. Schließlich sollen auch in solchen Fällen das Klärwerk und das über 1.800 Kilometer lange Kanalnetz weiter zuverlässig funktionieren.
Der Auftakt: Nach Jahrhundertflut 2002 gehandelt
Nach der Jahrhundertflut 2002 und Stromausfällen hat die Stadtentwässerung gehandelt. Deshalb wurden entsprechende Konzepte für solche Ereignisse erarbeitet. Für das Unternehmen hat es sich ausgezahlt, dass es seit über 16 Jahren regelmäßige Hochwasserschutz-Übungen und seit 2016 auch Blackout-Tests durchführt.
Bei der Jahrhundertflut im August 2002 gab es riesige Schäden. Erst nach 13 Tagen konnte das zuvor komplett überschwemmte Klärwerk wieder in Betrieb genommen werden. Bei der Juniflut 2013 war das völlig anders. So hält das kurz vor dem Hochwasser aufgebaute Schutzsystem, das den Deich am Klärwerk um einen Dreiviertelmeter erhöht und das neue Johannstädter Flutpumpwerk entlastet die Kanäle. Die Katastrophe kann verhindert werden.
Der neue Krisenstab: Nach zwei Stunden handlungsfähig
„Jetzt sind wir noch einen Schritt weiter gegangen“, erklärt Kerklies. Mit einem österreichischen Beratungsunternehmen aus Wien, das auf solche Fälle spezialisiert ist, wurde ein Krisenmanagement-Konzept erarbeitet. „Mit dabei war ein früherer Offizier, der sehr erfahren ist“, sagt er. So hat das Unternehmen auch so ein Krisenkonzept für die Stadt Wien erarbeitet. „Am 1. Oktober haben wir unser Konzept scharfgeschaltet.“ Seitdem gibt es den Krisenstab der Stadtentwässerung, der aus rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besteht. „Er wird von der Geschäftsführung nicht nur bei Hochwasser, Sturm oder Blackout, sondern auch bei anderen Krisensituationen – wie Cyberangriffen – einberufen“, erklärt Kerklies. Die Akteure sind dann rund um die Uhr im Einsatz.
Die Struktur: „S 3“ sichert Krisenmanagement im Klärwerk
Im Krisenfall soll der Stab spätestens nach zwei Stunden handlungsfähig sein, um schnell Entscheidungen zu treffen und die nötigen Schritte einzuleiten. Die Aufgaben sind klar verteilt. Insgesamt sind fünf Stabsfunktionen ausgewiesen, die er abgekürzt mit „S“ bezeichnet. So beschafft der „S 2“ die Informationen zur Lage, sodass beispielsweise beim Sturm mit einem Blackout Gefahren oder Schäden beurteilt werden können.
Jeweils ein „S 3“ ist für den Betrieb der Kläranlage und den Betrieb des Kanalnetzes zuständig. Sie leiten die nötigen Schritte ein. Der „S 5“ informiert die Presse und andere Medien und der „S 6“ kümmert sich darum, dass trotz des Stromausfalls Kommunikationskanäle weiter funktionieren. Andere Fachleute halten währenddessen die Verbindung zu anderen Krisenstäben, vor allem zu dem des Brand- und Katastrophenschutzamtes, und erfüllen weitere Aufgaben.
Der Test: Eine Woche den Ernstfall trainiert
Vor Weihnachten hat der Krisenstab eine Woche lang den Ernstfall geprobt. Kerklies‘ Dienstzimmer im Kaditzer Klärwerk wird zur Einsatzzentrale. Was geschieht, wenn mit den Blockheizkraftwerken die Fernwärme und der Strom ausfallen? Wie kann die Kommunikation gesichert werden, wenn Telefon- und Handynetze ausfallen? Für alles gibt es Notlösungen. „So haben wir ein „Rotes Telefon“, das in solchen Fällen über eine direkte Leitung mit dem Brand- und Katastrophenschutzamt verbunden ist“, erläutert Krisenmanager Kerklies. Fällt die Fernwärme aus, hat die Stadtentwässerung 50 Ölradiatoren, mit denen wichtige Räume und Anlagen beheizt werden können. Zudem gibt es Notromaggregate und mobile Pumpen, um auch im Notfall Pumpwerke und Abwasseranlagen weiter betreiben zu können. Die Spanne des Krisenmanagements reicht bis hin zu Gas- und Wasserkochern, Konserven und Essensreserven, wie Nudeln und Tomatensauce aus der Kantine.
„Die Übung unseres Krisenstabs hat gut funktioniert“, resümiert der Krisenmanager. „Sie hat uns Sicherheit für Notfälle gebracht.“ Selbst an Notfälle in der geplanten Einsatzzentrale ist gedacht. Falls es bei Katastrophen zu starke Schäden im Klärwerk gibt, ist der Kanalnetzstützpunkt in Niedersedlitz als Ausweichzentrale bereits mit einem Notstromaggregat vorbereitet.